Die Super-Kompensation für die Zollernalbtour hat irgendwie gar nicht funktioniert. Als ich von der Unterkunft losrollte, schein eigentlich noch alles normal, ich war locker und zuversichtlich. Als wir dann auf der Strecke ankamen, wunderte ich mich, dass mehrere Fahrer entgegen der Fahrtrichtung beim Warmfahren waren. Tilman steuerte aber wie selbstverständlich ebenfalls entgegen der Fahrtrichtung los, also folgte ich ihm erst mal - er kann den Kurs der 1. Etappe ja eigentlich schon von vor zwei Jahren. Es stellten sich nun zwei Dinge heraus: Die Strecke verlief tatsächlich andersrum als von mir vermutet (was wohl daran lag, dass wir vor drei Jahren bei anderem Kurs, aber gleichem Startpunkt andersrum gestartet sind) und ich habe wieder einmal unterschätzt, wie steil eine Strecke im Vergleich zum Höhenprofil in der Realität sein kann. Ich war also auf einen völlig anderen Kurs vorbereitet und hatte daher auch den Karussellbock ausgepackt. Aber die falsche Materialwahl und die falsche Vorbereitung auf die Strecke waren nicht die einzigen Probleme: Erstmals seit über einem Jahr meldete sich mein "harmloses Phänomen" am Herzen wieder. Die Sache mit dem ausbleibenden Schlag, der durch zwei sehr schnell aufeinander folgende Schläge kompensiert wird, was sich sehr unangenehm anfühlt und ein Schwächegefühl vermittelt. Bei Betrachtung der Datenaufzeichnung setzte das Problem nach 40 Minuten des Warmfahrens ein.
Am Start stellten wir uns dann an der Transponderlinie auf, ein Großteil der Konkurrenz aber stellt sich ein paar Meter weiter vorn an der Ziellinie auf. Notiz für nächstes Jahr: Wer sich falsch aufstellt, startet weiter vorn. Die Meute wurde zwar kurz vorm Start noch zurückbeordert, aber wer sich falsch an der Ziellinie aufgestellt hatte, kam nicht auf den Gedanken, dass er sich jetzt ganz hinten aufstellen müsste. Nein, stattdessen mussten wir, die wir uns richtig aufgestellt hatten, nach hinten rücken. Aber auch das war leichter gesagt als getan, denn die Fahrer hinter uns wollten sich nicht weiter nach hinten bewegen, wodurch auch wir uns nicht weiter nach hinten bewegen konnten. Da ich in dem ganzen Chaos gerade am nahesten an einer aggressiven Dame der Organisation stand, raunzte die ausgerechnet mich an, dass ich doch weiter nach hinten solle. Können vor lachen, wenn die Leute hinter mir nicht weiter nach hinten gehen. Da stellt man sich richtig auf und bekommt auch noch 'nen Anschiss dafür. Aber wie gesagt, das habe ich mir notiert: Gnadenlos falsch und möglichst weit vorn aufstellen, dann startet man am Ende aus der ersten Reihe - und wird auch nicht angemotzt! Wieder was gelernt...
Das Rennen ging dann relativ schnell den Bach runter, was aber gar nicht mal an all den bereits genannten Begleitumständen lag, sondern vor allem an der missglückten Super-Kompensation (die Beine waren vom Start weg sehr schwer) und dem technisch sehr anspruchsvollen Kurs. Albstadt ist ja eine MTB-Region, was man bei diesem Kurs auch merken konnte. So was bin ich im Straßenradsport noch nie gefahren. Ein MTB-Kurs auf Asphalt, wenn man so möchte. Speziell die zweite überspitze Kurve in der kurzen Abfahrt nach der "Bergwertung" stellt mich vor ein großes Problem. Da verlor ich immer viele Meter und hatten halt einfach nicht die Beine, um das danach durch einen guten Antritt wieder zuzufahren. Unterm Strich wurde ich kurz vor Schluss dann sogar ein zweites Mal überrundet, was einfach ein denkbar schlechter Auftakt zur Tour war. Platz 46 von ungefähr 60 Startern und schon fast 7 Minuten Rückstand. :(
Am nächsten Tag stand am Vormittag zunächst ein EZF an. Hier fuhr ich los und merkte nach den ersten Sekunden, dass ich mit dem Puls nicht wirklich nach oben kam - ein klares Erschöpfungszeichen. Ich fuhr zwar immer noch in Trainingsbereich 4, was ja immerhin besser als TB3 ist, aber bei 'nem EZF sollte man schon idealerweise in TB5 fahren können. Trotz der schlechten Verfassung fuhr ich aber relativ gleichmäßig, weshalb ich generell kaum Zeit auf die Konkurrenz in meiner "Nachbarschaft" verlor bzw. teilweise sogar etwas Zeit gutmachte. Speziell auf den Fahrer, der nach der 1. Etappe direkt hinter mir lag, konnte ich mehrere Sekunden rausholen. Insgesamt war ich also trotz Platz 49 ganz zufrieden und verteidigte auch Platz 46 in der Gesamtwertung, weil beim EZF ja auch Tagesstarter zugelassen waren. Wie viele Tagesstarter es waren, sei mal dahingestellt. Ein bereinigstes Ergebnis gab es leider nicht.
Am Nachmittag sollte dann die Königsetappe stattfinden, aber die viel ins Wasser: Die Landkarte wurde zur Flusskarte und nach der 3. kleinen von 4 kleinen Runden, bevor wir noch 4 große Runden mit Serpentinen-Abfahrt bewältigen sollten, konnte man seine Fahrlinie durch den starken böigen Wind kaum noch halten und auf der Straße war einfach so viel Wasser, dass in den Kurven eine zunehmend höhere Ruschgefahr drohte. Wie gesagt: Wir hätten in der Folge sogar eine Serpentinen-Abfahrt bewältigen sollen - das wäre bei dem Wetter aber unverantwortlich gewesen. Die Organisation war sich ihrer Verantwortung aber bewusst und brach das Rennen daher ab. Das akzeptierte zwar zu meiner Verwunderung nicht jeder Fahrer, aber das liegt wohl auch daran, dass es häufig heißt, die Fahrer würden auf "eigene Rechnung und Gefahr" fahren. Das stimmt zwar, was die Aktionen der Fahrer und der Material anbelangt, aber für die Rennstrecke sind natürlich nicht die Fahrer, sondern die Organisatoren verantwortlich. Die hätten mächtig Ärger bekommen, wenn die das Rennen unter diesen Umständen hätten laufen lassen und was passiert wäre - und es wäre ganz gewiss was passiert! Nein, der Rennabbruch war die einzig richtige Entscheidung eines Top-Organisationsteams!
Am letzten Tag sollte die Schlussetappe dann um die ausgefallene große Runde mit der Steigung erweitert werden, aber nachdem der Regen nicht aufhörte, wurde schon so viel Dreck auf die Strecke gespült, dass man uns doch nur die geplante Schlussetappe auf der Hochebene fahren ließ. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, musste man sogar das UCI-Rennen der U19 am Ende eintüten, weil die Streckenverhältnis zu gefährlich geworden waren. Abermals also eine verantwortungsbewusste Entscheidung der Organisation, speziell für ein Jedermannrennen. Wir fahren um die Goldene Ananas! Dabei wurden ja selbst bei den Profis schon Etappen abgebrochen oder verkürzt, weil die Streckenverhältnisse kein Rennen mehr zuließen. Also man muss da schon Vernunft walten lassen, auch wenn sich natürlich die meisten Teilnehmer auf die Steigung der Königsetappe gefreut hatten.
Die Schlussetappe verlief dann im Endeffekt anfangs genau wie am Tag zuvor beim Abbruch: Schon auf der 1. Runde wurde nach Verlassen des Radwegs so stark angezogen, dass mehrere Löcher entstanden. Ich war zu weit hinten, weil ich gemütlich statt aggressiv gestartet bin (bei Platz 46 in der Gesamtwertung und um die 10 Minuten Rückstand wohl verständlich). Zwar konnte ich mehrere Löcher noch zufahren, aber das letzte Loch zum Feld war zu viel. In der Folge bildete sich aber eine Verfolgergruppe, die den Abstand zum Feld sogar verringern konnte. Am Ende der 3. Runde wurde das Tempo in der Gruppe dann aber so scharf angezogen, dass ich auch dort rausfiel. Kurioserweise fuhr ich jetzt erstmals als Duo mit dem Fahrer, der in der Gesamtwertung direkt hinter mir lag! Die Beine waren immer noch sehr schlecht und der Puls war so niedrig wie eigentlich noch nie zuvor bei einem Rennen. Die Erschöpfung war also enorm. Hatte ich schon erwähnt, dass die Super-Kompensation irgendwie überhaupt nicht funktioniert hatte? ;)
In der Folge wurde aus dem Duo ein Trio und am Ende sogar noch ein Quartett, obwohl ich zwischendurch schon gar ans Aufgeben dachte. Wie gesagt: Der Erschöpfungsgrad war echt enorm, so erschöpft stand ich wohl noch nie bei einem Rennen am Start. Aber auch für viele andere Fahrer war die Tour sehr anstrengend gewesen, wodurch ich am Ende sogar noch ganze 13 Plätze in der Gesamtwertung nach vorne kam und auf Platz 33 landete. Das war dann doch noch ein versöhnlicher Abschluss. Generell lässt mich das Thema Etappenrennen und Zollernalbtour nicht los, auch wenn die meisten "Jedermann"-Etappenrennen von den Distanzen her eher was für Leistungssportler sind. Da stellt die Zollernalbtour einfach eine Ausnahme dar, weil man die Umfänge wirklich an Jedermänner anpasst. Die erste Etappe ist technisch aber gar nix für Jedermännern, sondern etwas für wirklich hervorragende Techniker, weshalb man als schlechter Techniker gleich viel Zeit und Kraft zum Einstieg verliert. Wäre schön, wenn die erste Etappe nicht ganz so fordernd und selektiv wäre, denn eigentlich sollte man sich die Kräfte ja für die Königsetappe aufheben können. Ich werde auf jeden Fall verfolgen, was man in Albstadt nächstes Jahr geplant hat. Spaß gemacht hat es ja trotzdem wieder. :)
Gestern hatte ich dann auch mein erstes Rennen nach der Tour, den 9. Lauf der Dienstagabendserie in Kulmbach. War etwas komisch, denn die Wertungsrunden wurden nicht schnell gefahren. Bis zur Zielkurve ging es in normalem Tempo, Benny hielt sich aus den meisten Sprints auch raus - und schon konnte meine Wenigkeit mal wieder etwas sprinten. Zu meiner Überraschung kam sogar Top-Speed 58,0 km/h raus, obwohl wir etwas Bremswind auf der Zielgeraden hatten. Mein Rekord in Kulmbach liegt ja bei 59,5 km/h. Dennoch gibt es noch einiges zu optimieren. Die Körperspannung, der Tritt - ich zog wohl teilweise zu stark nach oben, wodurch mein Hinterrad sprang. Es war auch mein 4. Tag auf dem Rad, wodurch ich in der zweiten Rennhälfte schon etwas müde wurde. Nach einem guten Start und 13 Punkten nach 4 Wertungen, ging es dann zäher. Ich bekam die Beine bei der drittletzten Wertung nochmal für einen guten Sprint hin, was 5 weitere Punkte bedeutete, und am Ende holte ich als Dritter immerhin noch 4 Zähler. Das machte in der Endabrechnung 22 Punkte (so viele hatte ich noch nie!!!) und Platz 2. Das ist kein unplanmmäßiger Formanstieg, das war auch kein reines Geschenk, aber ich habe die Gunst der Stunde einfach nutzen können. Wenn sich solche Chance bieten, muss eben auch in der Lage sein, sie auszunutzen.
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